Samstag, Dezember 21, 2024

Kurt Cobain


Kurt CobainSleeps with Angels
Der Punk und der Gottvater

Bei Youngs Ragged Glory Tour mit Crazy Horse hatte Sonic Youth sich dafür eingesetzt, Nirvana als zweite Vorgruppe zu engagieren. Dennoch gestand Young, dass er die Band und ihre Musik erst besser kennengelernt hatte, kurz bevor sich Frontmann Kurt Cobain im April 1994 das Leben nahm und in seinem Abschiedsbrief aus Youngs Song »My My, Hey Hey (Out of the Blue)« zitierte: »It's better to burn out
than to fade away.«

Diese eine tragische Geste schuf auf immer eine untrennbare Verquickung zwischen Neil Young und Kurt Cobain. Aber es bestand schon vorher eine Verbindung zwischen ihnen, obwohl die beiden sich nie begegnet waren. Neil Young galt 1994 bereits als »Godfather of Grunge«, ein Etikett, das seinen Einfluss auf die Musikszene im amerikanischen Nordwesten würdigte, aus der Nirvana  hervorgegangen war. Young hatte Soundgarden auf einer Tour als Vorgruppe engagiert und mit Pearl Jam 1993 bei der Verleihung der MTV Video Music Awards gespielt. Pearl Jam und die Melvins gehörten zu den vielen »Grunge«-Bands, die in
Konzerten Coverversionen von Young-Stücken spielten – besonders »Rockin' in the Free World«. Cobain erwähnte selbst Youngs Einfluss und erzählte bei einem Konzert im Seattle Center Coliseum dem Publikum, dass man ihn dort einmal aus einem Young-Konzert geworfen hatte, weil er betrunken randaliert hatte.

Die Verbindungen sind unschwer zu hören. Diese Rocker-Generation orientierte sich eindeutig am intensiven, verzerrten E-Gitarrensound voller Rückkoppelungen, den Young mit Crazy Horse pflegte, sowie an den düsteren, aber kathartisch lyrischen Klängen von Tonight's the Night und der Bestandsaufnahme von Rust Never Sleeps. Chris Cornell von Soundgarden erklärte: »Youngs Songs sprachen wirklich viele von uns an. Die Message, die ich aus seiner Musik zog, war, dass du dich wirklich besser fühlst, wenn du diese Emotionen herauslässt.« Die jungen Musiker orientierten sich sicher an Young und sahen ihn als musikalischen Mentor. Aber umgekehrt ließ Young sich auch von ihnen inspirieren, besonders von Cobain und Nirvana. »Er hat mich wirklich inspiriert«, erklärte Young gegenüber Mojo. »Er war so toll. Wunderbar. Einer der Besten, mehr noch. Kurt war für mich einer der absolut Besten aller Zeiten.

edelverlag« Young konnte den quälenden Zwiespalt nachempfinden, den Cobain wegen der Kluft zwischen seinem kreativen und seinem öffentlichen Leben verspürte. Gegenüber Spin äußerte er: »Er machte sich Sorgen, dass er letzten Endes Terminplänen folgen und weitermachen müsse, auch wenn ihm nicht danach wäre, dass er etwas vortäuschen würde, und wegen seines Engagements wäre das für ihn sehr schwer gewesen.« Young wusste von Cobains persönlichen Problemen, seiner Heroinsucht und seinem Entschluss, kurz vor seinem Selbstmord eine Entziehungskur abzubrechen und nach Seattle zurückzukehren. Einige Tage vor seinem Tod versuchten Young und sein Management sogar, Cobain zu finden. »Ich las etwas und jemand erzählte mir ein paar Sachen, die mich auf den Gedanken brachten, dass er in Schwierigkeiten steckten würde«, erzählte Young, der damals gerade an Sleeps with Angels arbeitete, dem Guardian: »Ich hatte den Impuls, mich mit ihm in Verbindung zu setzen. Erst als er meinen Song in seinem Abschiedsbrief verwendete, kam die Verbindung zustande. Da fand ich es wirklich schade, dass ich nicht früher zu ihm durchgekommen bin. Vielleicht hätte ich es ihm ein bisschen leichter machen können, das ist alles. Es nur ein kleines bisschen erleichtern.«

Lange äußerte Young sich nur sehr zurückhaltend darüber, dass Cobain in seinem Abschiedsbrief geschrieben hatte: »It's better to burn out than to fade away.« Unmittelbar danach sagte er dem Biografen Jimmy McDonough: »Das ist einfach eine andere Auslegung. Es ist eine von diesen Zeilen. Es gibt so viele Ebenen, sie zu interpretieren ... Es ist für mich ein ungutes Gefühl, es
in diesem Licht zu sehen, aber in seiner Lage war es angemessen. Er konnte nichts anderes tun. Es gab keinen anderen Weg.« Später sagte Young dem britischen New Musical Express: »Man sollte seine Interpretation sicher nicht so verstehen, dass es nur zwei Arten gibt zu gehen, und einer davon der Tod ist.«

Youngs wichtigster Kommentar war jedoch der Titeltrack von Sleeps with Angels, eine traurige Ode, in der ein Chor singt: »He sleeps with angels (Too soon).« Die Idee zu dem Song kritzelte Young bei einem Promi-Golfturnier, das Eddie Van Halen in Los Angeles veranstaltete, auf ein Streichholzbriefchen. Am 25. April 1994 nahm er ihn mit Crazy Horse in den Complex Studios auf – unter anderem in einer bislang unveröffentlichten 25 Minuten langen Version. Laut McDonough wurde die Aufnahme eine Woche lang bearbeitet. Young erzählte ihm auch: »Was dieser Selbstmord bewirkt hat, ist, mich wieder zu meinen Wurzeln zurückzubringen. Er lässt mich zurückgehen und sehen, wo ich angefangen habe. Wo ich hergekommen bin. Warum ich hier bin, und warum er nicht hier ist. Leidet meine Musik darunter, dass ich noch lebe?«

Anfangs gab es Falschmeldungen, Young habe erklärt, er werde »My My, Hey Hey« nie wieder spielen. Tatsächlich spielte er das Stück knapp ein halbes Jahr nach Cobains Tod beim Bridge-School-Benefizkonzert am 1. Oktober – ausdrücklich nach »Sleeps with Angels«. Dem Biografen McDonough erklärte er: »Es machte es für eine Weile nur ein bisschen fokussierter. Jetzt ist es nur ein Gesicht mehr, an das ich denke, während ich es singe.« Als Young bei der Verleihung der MTV Video Music Awards 1996 in der Rock and Roll Hall of Fame »The Needle and the Damage Done« spielte, umgaben ihn Fotos von Musikern, die an Drogen
gestorben waren, darunter auch Cobain.

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